y = a·sin(b·(x+c))+d
π

Sinusfunktion in der Praxis

Entdecke, wie periodische Phänomene in der realen Welt mit Hilfe der Sinusfunktion modelliert werden können. Lerne, aus Daten die Parameter einer Sinusfunktion zu bestimmen und eigene Modelle zu erstellen.

Modellierung realer Phänomene

Viele Vorgänge in der Natur und Technik lassen sich durch periodische Funktionen beschreiben. Die Sinusfunktion ist hierbei besonders wichtig, da sie die mathematische Grundlage für Schwingungen und Wellen bildet. In den folgenden Übungen wirst du lernen, wie man aus realen Daten eine passende Sinusfunktion der Form \(f(x) = a \cdot \sin(b \cdot (x + c)) + d\) bestimmen kann.

Modellierungsaufgaben

In den folgenden Aufgaben sollst du verschiedene reale Phänomene mit Hilfe der Sinusfunktion modellieren. Arbeite mit den gegebenen Daten und bestimme die Parameter der passenden Sinusfunktion.

Aufgabe 1: Höhe eines Riesenrads

Ein Riesenrad hat einen Durchmesser von 50 Metern. Der tiefste Punkt der Gondeln befindet sich 3 Meter über dem Boden. Eine vollständige Umdrehung dauert 12 Minuten. Du steigst um 14:00 Uhr ein und das Rad beginnt sich zu drehen.

Modelliere die Höhe deiner Gondel über dem Boden als Funktion der Zeit t in Minuten seit 14:00 Uhr.

Hinweise zur Lösung:

  • Der tiefste Punkt ist 3 Meter über dem Boden, der höchste Punkt ist 3 + 50 = 53 Meter über dem Boden.
  • Der Mittelwert zwischen höchstem und tiefstem Punkt ist der Parameter d.
  • Die Amplitude ist die Hälfte der Differenz zwischen höchstem und tiefstem Punkt.
  • Die Periode beträgt 12 Minuten, daraus lässt sich b bestimmen.
  • Bei t = 0 (14:00 Uhr) befindest du dich am tiefsten Punkt. Bestimme c als den Zeitpunkt, an dem die Gondel die Mittellinie auf dem Weg nach oben durchquert.
  • Du kannst für b und c auch Brüche mit π eingeben, z.B. "pi/6" oder "pi/4".

Gib die Parameter der Modellfunktion ein:

f(t) = a · sin(b · (t + c)) + d

Aufgabe 2: Ebbe und Flut an der Nordsee

An einem Ort an der deutschen Nordseeküste wurden folgende Wasserstände (in Metern über Normal Null) gemessen:

Uhrzeit Wasserstand (m)
00:00-0.2
02:001.3
04:002.1
06:001.5
08:00-0.1
10:00-1.2
12:00-0.4
14:001.2
16:002.0
18:001.4
20:00-0.2
22:00-1.3
24:00-0.3

Modelliere den Wasserstand h als Funktion der Zeit t in Stunden seit Mitternacht (00:00 Uhr).

Hinweise zur Lösung:

  • Bestimme zuerst den höchsten und den niedrigsten Wasserstand aus der Tabelle.
  • Der Mittelwert dieser beiden Werte ist der Parameter d.
  • Die Amplitude ist die Hälfte der Differenz zwischen höchstem und niedrigstem Wasserstand.
  • Wie viele Stunden vergehen zwischen zwei Fluten (oder zwei Ebben)? Dies ist die Periodendauer T, aus der du b berechnen kannst.
  • Suche in den Daten den Punkt, wo der Wasserstand gleich dem Mittelwert ist und steigt. Dies ist dein Parameter c.
  • Du kannst für b und c auch Brüche mit π eingeben, z.B. "pi/6" oder "pi/4".

Gib die Parameter der Modellfunktion ein:

h(t) = a · sin(b · (t + c)) + d

Aufgabe 3: Tagestemperaturverlauf

An einem Sommertag wurden folgende Temperaturen gemessen:

Uhrzeit Temperatur (°C)
00:0015.2
03:0013.0
06:0014.5
09:0019.8
12:0024.3
15:0026.5
18:0023.2
21:0018.7
24:0015.0

Modelliere die Temperatur T als Funktion der Zeit t in Stunden seit Mitternacht (00:00 Uhr).

Hinweise zur Lösung:

  • Bestimme die höchste und die niedrigste Temperatur aus den Daten.
  • Der Mittelwert zwischen höchster und niedrigster Temperatur ist der Parameter d.
  • Die Amplitude ist die Hälfte der Differenz zwischen höchster und niedrigster Temperatur.
  • Die Periode eines Tageszyklus beträgt 24 Stunden. Wie berechnet sich daraus b?
  • Bestimme c aus dem Zeitpunkt, zu dem die Temperatur den Mittelwert durchschreitet und steigt.
  • Du kannst für b und c auch Brüche mit π eingeben, z.B. "pi/12" oder "pi/6".

Gib die Parameter der Modellfunktion ein:

T(t) = a · sin(b · (t + c)) + d

Aufgabe 4: Sichtbarer Anteil des Mondes

Der Mond durchläuft in etwa 29,5 Tagen einen vollständigen Zyklus, bei dem sich der von der Erde aus sichtbare, beleuchtete Anteil seiner Oberfläche ändert (Mondphasen).

Bei Neumond (Tag 0) ist der sichtbare Anteil 0%, bei Vollmond (Tag 14,75) beträgt er 100%, bei Neumond (Tag 29,5) wieder 0%.

Modelliere den sichtbaren Anteil A (in Prozent) des Mondes als Funktion der Zeit t in Tagen seit dem letzten Neumond.

Hinweise zur Lösung:

  • Der sichtbare Anteil schwankt zwischen 0% und 100%.
  • Der Mittelwert zwischen Maximum und Minimum ist der Parameter d.
  • Die Amplitude ist die Hälfte der Differenz zwischen Maximum und Minimum.
  • Die Periode beträgt 29,5 Tage. Wie berechnet sich daraus b?
  • Bei t = 0 (Neumond) ist der sichtbare Anteil 0%. Bestimme c als den Zeitpunkt, an dem der sichtbare Anteil genau 50% beträgt und zunimmt.
  • Du kannst für b und c auch Brüche mit π eingeben, z.B. "pi/14.75" oder Dezimalzahlen.

Gib die Parameter der Modellfunktion ein:

A(t) = a · sin(b · (t + c)) + d

Aufgabe 5: Fadenpendel

Ein Fadenpendel mit einer Länge von 2 Metern wird um 10° aus der Ruhelage ausgelenkt und dann losgelassen. Die Auslenkung wird als positiv definiert, wenn das Pendel sich rechts von seiner Ruhelage befindet, und negativ, wenn es sich links davon befindet.

Die Zeit t wird ab dem Moment des Loslassens in Sekunden gemessen. Das Pendel startet bei t = 0 von seiner maximalen positiven Auslenkung (10°).

Modelliere den Auslenkungswinkel φ (in Grad) als Funktion der Zeit t in Sekunden.

Hinweise zur Lösung:

  • Die Auslenkung schwankt zwischen -10° und +10°.
  • Der Mittelwert dieser Werte ist der Parameter d.
  • Die Amplitude ist die Hälfte der Differenz zwischen maximaler und minimaler Auslenkung.
  • Die Schwingungsdauer T eines Pendels kann mit der Formel T = 2π·√(L/g) berechnet werden, wobei L die Pendellänge in Metern und g = 9,81 m/s² die Erdbeschleunigung ist.
  • Bei t = 0 ist die Auslenkung +10°. Bestimme den Wert c aus dem Zeitpunkt, an dem das Pendel durch die Ruhelage schwingt (Nulldurchgang mit negativer Steigung).
  • Du kannst für b und c auch Brüche mit π eingeben, z.B. "pi/2" oder "pi/4".

Gib die Parameter der Modellfunktion ein:

φ(t) = a · sin(b · (t + c)) + d

Von realen Daten zur mathematischen Funktion

Um ein periodisches Phänomen mit einer Sinusfunktion zu modellieren, musst du die vier Parameter der allgemeinen Sinusfunktion \(f(x) = a \cdot \sin(b \cdot (x + c)) + d\) bestimmen:

  • a: Die Amplitude bestimmt den maximalen Ausschlag vom Mittelwert
  • b: Die Frequenz bestimmt, wie viele Schwingungen pro Zeiteinheit auftreten
  • c: Die horizontale Verschiebung gibt an, wo der Graph die Mittellinie mit positiver Steigung schneidet
  • d: Die vertikale Verschiebung gibt den Mittelwert an, um den die Funktion schwingt

Aus den gegebenen Daten lassen sich diese Parameter wie folgt ermitteln:

  1. Mittelwert (d): Die Mitte zwischen Maximum und Minimum der Daten
  2. Amplitude (a): Die Hälfte der Differenz zwischen Maximum und Minimum
  3. Periodendauer (T): Die Zeit für einen vollständigen Durchlauf
  4. Frequenz (b): \(b = \frac{2\pi}{T}\)
  5. Horizontale Verschiebung (c): Bestimmt durch den ersten positiven Schnittpunkt des Graphen mit der Mittellinie

Leitfaden zur Modellierung mit der Sinusfunktion

Schritt für Schritt zur Modellierungsfunktion

  1. Identifiziere Minimum und Maximum

    Suche in den Daten nach dem kleinsten und größten Wert oder berechne sie aus den gegebenen Informationen.

  2. Berechne den Mittelwert (Parameter d)

    \(d = \frac{y_{max} + y_{min}}{2}\)

    Dieser Wert gibt die vertikale Verschiebung der Sinuskurve an.

  3. Bestimme die Amplitude (Parameter a)

    \(a = \frac{y_{max} - y_{min}}{2}\)

    Die Amplitude ist immer positiv und gibt die halbe Höhe der Schwingung an.

  4. Ermittle die Periode (T)

    Die Periode ist die Zeit oder Strecke, nach der sich das Muster genau wiederholt.

  5. Berechne die Frequenz (Parameter b)

    \(b = \frac{2\pi}{T}\)

    Der Parameter b bestimmt, wie viele Schwingungen pro Einheit auftreten.

  6. Bestimme die Phasenverschiebung (Parameter c)

    Suche in den Daten den Punkt, wo der Graph die Mittellinie mit positiver Steigung durchquert. Das ist der Wert für c.

    Alternativ kannst du einen bekannten Punkt einsetzen und nach c auflösen:

    Bei Startwert \(y_0\) zum Zeitpunkt \(t_0\): \(y_0 = a \cdot \sin(b \cdot (t_0 + c)) + d\)

Beispiel: Schwingender Körper an einer Feder

Ein Körper an einer Feder schwingt auf und ab. Die maximale Auslenkung beträgt 5 cm nach oben und unten. Eine vollständige Schwingung dauert 2 Sekunden. Zum Zeitpunkt t = 0 befindet sich der Körper in der Nulllage und bewegt sich nach oben.

Lösung:

  1. Maximum: 5 cm, Minimum: -5 cm
  2. Mittelwert (d): \(d = \frac{5 + (-5)}{2} = 0\)
  3. Amplitude (a): \(a = \frac{5 - (-5)}{2} = 5\)
  4. Periode (T): 2 Sekunden
  5. Frequenz (b): \(b = \frac{2\pi}{T} = \frac{2\pi}{2} = \pi\)
  6. Phasenverschiebung (c): Bei t = 0 ist y = 0 und die Funktion steigt. Da die Sinusfunktion bei 0 die Nullstelle mit positiver Steigung hat, ist c = 0.

Die Modellfunktion lautet also: \(y(t) = 5 \cdot \sin(\pi \cdot (t + 0)) + 0 = 5 \cdot \sin(\pi \cdot t)\)

Anwendungen der Sinusmodellierung in der realen Welt

Physik: Schwingungen und Wellen

In der Physik werden viele Phänomene mit Sinusfunktionen beschrieben:

  • Mechanische Schwingungen (Pendel, Federsschwinger)
  • Elektromagnetische Wellen (Licht, Radio, Mikrowellen)
  • Schallwellen und Akustik
  • Wechselspannung und -strom

Die Sinusfunktion bildet die Grundlage für komplexere Schwingungen und die Fourieranalyse.

Astronomie: Himmelskörper

Die Bewegungen und Erscheinungen von Himmelskörpern folgen oft sinusförmigen Mustern:

  • Tageslängen im Jahresverlauf
  • Mondphasen
  • Sichtbarkeit von Planeten
  • Helligkeit veränderlicher Sterne

Auch die Gezeitenkräfte, die durch Mond und Sonne verursacht werden, lassen sich durch Sinusfunktionen modellieren.

Klimatologie: Jahreszeiten und Zyklen

Viele klimatische Phänomene zeigen periodische Muster:

  • Jahresgang der Temperaturen
  • Tageslängen
  • Luftdruck- und Feuchtigkeitsschwankungen
  • Langfristige Klimazyklen

Durch Überlagerung mehrerer Sinusfunktionen können auch komplexe klimatische Muster modelliert werden.

Medizin: Biorhythmen

Auch im menschlichen Körper finden sich zahlreiche sinusförmige Rhythmen:

  • Herzschlag und Blutdruck
  • Hormonausschüttung (z.B. Cortisol)
  • Körpertemperatur im Tagesverlauf
  • Schlafphasen und zirkadianer Rhythmus

Das Verständnis dieser Rhythmen hilft bei der Diagnose und Behandlung verschiedener Erkrankungen.

Technik und Maschinenbau

In der Technik werden Sinusfunktionen vielfältig eingesetzt:

  • Kolbenbewegungen in Motoren
  • Schwingungsanalyse bei Maschinen
  • Sinusförmige Signale in der Elektronik
  • Kreisbewegungen bei Rädern, Turbinen und Rotoren

Die sinusförmige Modellierung ermöglicht Vorhersagen über Belastungen und Verschleiß.